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Verfahren zur Herstellung hochzugfester Werkstoffe aus Holz Es wurde
gefunden, daß sich die Zugfestigkeit, insbesondere die Reißlänge des Holzes, durch
eine starke chemische Behandlung des Holzes beträchtlich erhöhen läßt und dadurch
neue hochzugfeste Werkstoffe mit besonderen hochwertigen technologischen Eigenschaften
gewonnen werden können.
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Die Erfindung stützt sich auf diese Erkenntnis und besteht darin,
daß durch starke chemische Behandlung des gegebenenfalls längs geschnittenen Holzes
unter Anwendung. an sich bekannter Verfahren, wie des bei etwa 16o bis x7o° C durchzuführenden
Natron- oder Sulfatverfahrens oder des bei etwa 13o° C durchzuführenden Sulfitverfahrens
oder des Oxydationsverfahrens, unter Erhaltung des natürlichen Holzverbandes aus
dem Holz 25 bis 55 °/o der Holzsubstanz in Form nichtcellulosischer Holzbestandteile
als Summe von Lignin und Kohlehydratbegleitstoffen ausgelöst oder mindestens 5o
°/o des im Holz enthaltenen Lignins entfernt werden und die erhaltene Masse zu sperrholzartigen
Werkstoffen, Fasern, Bändern, Streifen, Garnen od. dgl. unter Erhaltung des natürlichen
Holzverbandes verarbeitet werden.
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Bei Anwendung des neuen Verfahrens wird trotz der Lockerung und scheinbar
vollkommenen Aufhebung des Faserverbandes die Faser in chemisch behandeltem Holz
in ihrer natürlichen Lage belassen. Dabei wird sorgfältig vermieden, den leicht
zerfallenen Faserverband zu stören. Es wurde nämlich die übernaschende
Feststellung
gemacht, daß selbst bei einer weitgehenden chemischen Lockerung oder praktischen
Aufhebung des Zellverbandes des Holzes, wie es bei der Zellstoffherstellung beabsichtigt
ist; dennoch der Verband zwischen den Einzelzellen niemals ganz aufgehoben ist,
sondern - wenn auch bisher kaum erkenntlich - bestehenbleibt. Das chemisch behandelte
Holz zerfällt zwar in feuchtem Zustande in Wasser, z. B. durch Schütteln oder durch
gleichartige leichte mechanische Behandlung, ohne weiteres in die Einzelfasern.
Wenn man jedoch das chemisch behandelte Holz z. B. in Form von Brettern oder Furnieren
an der Luft oder in der Wärme, besonders unter Pressung trocknen läßt, so bildet
sich dennoch wieder zwischen den Einzelfasern ein fester Verband, in dem die in
ihrer chemischen Zusammensetzung stark veränderten einzelnen Fasern und Zellen des
Holzes wieder ähnlich fest verbunden und verklebt sind wie im Ausgangsholz, so daß
die Zugfestigkeit des so erhaltenen neuen Werkstoffes, der hier kurz als »Zellstoffholz«
bezeichnet werden soll, die des Ausgangsholzes, übertrifft.
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Dies war überraschend. Von vornherein war das Gegenteil zu erwarten,
da anzunehmen war, daß die Holzfasern durch die starke chemische Behandlung des
Holzes z. B. bei Anwendung des Sulfatverfahrens, durch Kochung unter Druck bei i6o
bis i7o° C geschwächt, angegriffen und damit in ihren mechanischtechnologischen
Eigenschaften geschädigt würden. Diese Schwächung der Fasern trat jedoch nicht ein,
da wider Erwarten bei dem hergestellten Zellstoffholz eine starke Erhöhung der Reißlänge
erzielt wurde. Der bedeutende Anstieg der Reißlänge bei den gemäß der vorliegenden
Erfindung durch chemische Behandlung von Holz erhaltenen Werkstoffen gegenüber dem
Ausgangsholz ist vorerst so aufzufassen, daß die Anreicherung des chemisch behandelten
Holzes -an Cellusose durch Auslösung von Lignin und Kohlehydratbegleitstoffen eine
Erhöhung der Reißlänge gegenüber der des Ausgangsholzes bewirkt. Da jedoch die Zugfestigkeit
der einzelnen Fasern in dem Werkstoff »Zellstoffholz« in ebenso hohem Maße durch
Verklebung in den Verband übergeführt werden kann wie beim natürlichen Holz, entsteht
ein Werkstoff mit außerordentlich hoher Zugfestigkeit und Reißlänge, bei dem die
Zugfestigkeit auf 5000 kg/cm2 erhöht und die Reißlänge bis auf einen Wert
von 45 bis 5o km gesteigert werden kann.
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Die Herstellung hochzugfester Werkstoffe aus Holz durch chemische
Behandlung sowie die Eigenschaften der gewonnenen Werkstoffe werden in den nachstehenden
Ausführungsbeispielen dargestellt. Beispiel i i,o8 kg lufttrockene Pappelfurniere
mit einer Dicke von o,75 mm, einer Breite von 30 cm und einer Länge von 6o
cm werden mit Wasser durchtränkt. Die Pappelfurniere werden dann flach unter Zwischenlage
eines dünnen, feinmaschigen Eisensiebes zwischen die einzelnen Furniere übereinander
in einen Korb aus Eisensieb eingelegt. Der mit den Furnieren beschickte Korb wird
in einen eisernen Druckkocher eingebracht, in dem das Pappelholz mit 71 einer Lauge;
die 128 g Natriumhydroxyd und 42 g Natriumsulfid enthält, übergossen wird. Die Furniere
werden alsdann 2 Stunden bei i65° C gekocht. Nach der Kochung werden die Furniere
im Korb aus- der Kochlauge herausgehoben und im Korb zur Entfernung der Kochlauge
und der ausgelösten Holzbestandteile gewässert. Anschließend wird das chemisch behandelte
Pappelholz, dessen Zellverband weitgehend aufgehoben ist, und welches daher leicht
in die Einzelfaser zerfällt, vorsichtig auf den zwischengelegten Sieben als Unterlage
aus dem Korb entnommen und unter einer Presse mit q.o kg/cm2 kalt abgepreßt. Durch
die Kaltpressung wird der Verband der Einzelfasern bereits etwas verfestigt, so
daß die Furniere besser weiterzubearbeiten und zu handhaben sind. Anschließend werden
die behandelten Pappelholzfurniere im Vakuum unter Pressung mit i kg Druck/ cm2
bei ioo° C getrocknet. Die Trocknung kann auch unter höherem Druck und bei höherer
Temperatur durchgeführt werden. Bei der Trocknung werden die Einzelfasern des behandelten
Holzes durch die Entquellung von wirksamen Kohlehydratbegleitstoffen des Holzes
im Bereich der Mittellamellen wieder zu einem hochzugfesten Verband verklebt. Der
so hergestellte Werkstoff aus Pappelholz fällt in Form bräunlich gefärbter, biegsamer,
gut falzfähiger hochzugfester dünner Furnierblätter in einer Ausbeute von 56 %,
bezogen auf das Ausgangsholz, an. Er besteht zu rund 75 bis 8o °/o aus Cellulose,
zu 15 bis 2o % aus Kohlehydratbegleitstoffen und zu 6 bis 7
% aus Lignin.
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Aus den durch alkalische Kochung gewonnenen Zellstoffurnieren aus
Pappelholz läßt sich durch eine anschließende weitere chemische Behandlung das restliche
Lignin oxydativ vollkommen entfernen. Zu diesem Zweck werden die gekochten, gewässerten
und kalt abgepreßten Furniere vorsichtig auf einer Unterlage in eine 30 ßrige Lösung
von technischem NatriumchlonJoigde ie wämit Essigsäure angesäuert ist, eingelegt
und darin bei Zimmertemperatur 24 Stunden belassen. Danach werden die praktisch
ligninfreien Zellstoffurniere vorsichtig ohne Zerstörung des äußerst leicht in Einzelfasern
zerfallenden Verbandes aus dem Oxydationsgemisch gehoben, gewässert und mit
30 kg/cm2 naß gepreßt. Alsdann werden die behandelten Furniere bei ioo° C
mit i kg Druck/cm2 getrocknet. Es fallen praktisch ligninfreie weiße, dünne Blätter
an, die außerordentlich biegsam und gut falzbar sind. Sie besitzen die erstaunlich
hohe Zugfestigkeit von rund 27oo kg/cm2 und eine Reißlänge von 44 km, also Festigkeitswerte,
die bei flächigen Gebilden aus organischen Stoffen bisher kaum jemals erreicht wurden.
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Die Festigkeitswerte des nach dem bekanntgegebenen Verfahren durch
chemische Behandlung von Pappelholzfurnieren erhaltenen Werkstoffes sind im Vergleich
mit den Festigkeitswerten des Ausgangsholzes nachstehend zusammengestellt. Es ergibt
sich, daß nach dem Verfahren die an sich schon verhältnismäßig recht hohe Reißlänge
des Holzes in den hergestellten Werkstoffen auf das 2- bis 2r/2fache von 17,5 km
auf 35 bis qq. km Reißlänge erhöht worden ist. Daneben ist die hohe Falzfestigkeit
des geschmeidigen und biegsamen Werkstoffes gegenüber dem starren Ausgangsholz von
hohem technischem Wert.
Tabelle I |
Falz- |
Furnier- festigkeit |
Stoff urnier- des Reißlänge Zug- dicke Furniers festigkeit
Anzahl der |
Doppel- |
mm g/cm3 km kg/cm2 falzungen |
Normale Pappelholzfurniere, unbehandelt 0,733 0,404
17,48 706 0 |
Pappel-Zellstoffholz-Furniere, alkalisch |
erkocht............................ 0,175 0,930
35,90 3338 3225 |
Pappel-Zellstoffholz-Furniere, alkalisch |
erkocht, mit Natriumchlorit nachbe- |
handelt, weiß, ligninfrei . . . . . . . . . . . . . o,238 i,o8i
44,07 4764 - 4251 |
Beispiel 2 1,2 kg lufttrockene Kiefernfurniere mit einer Dicke von i,o mm, einer
Breite von
30 cm und einer Länge von 6o cm werden in gleicher Weise, wie
in dem Ausführungsbeispiel i mit 7 1 Lauge, die i20 g Natriumhydroxyd und 40 g Natriumsulfid
enthält, 2 Stunden bei i65° C im Druckkocher gekocht. Die gekochten Furniere werden
unter sorgfältiger Erhaltung des leicht in Einzelfasern zerfallenden ursprünglichen
Holzverbandes naß mit
30 kg/cm2 abgepreßt und dann bei iio° C bei einer Pressung
von 5 kg/cm2 getrocknet. Die so erhaltenen chemisch behandelten Kiefernfurniere,
die in einer Ausbeute von 610/0, bezogen auf das Ausgangsholz, anfallen und die
noch rund 13 % Lignin enthalten, werden zu einem Schichtwerkstoff weiterverarbeitet.
Mehrere Blätter von Kiefernzell-Tabelle II
Rohwichte Reißlänge Zug- Druck- Biege- |
Stoff festigkeit festigkeit festigkeit |
g,'cm3 km kg/cm2 kg/cm2 kgjcm2 |
Schichtholz aus unbehandelten normalen |
Kiefernholzfurnieren ................ 0,711 20,2 1463 724 17o8 |
Schichtwerkstoff aus Kiefernzellstoffholz |
gemäß der Erfindung ... . .. . ... ..... o,855 32,1
2744 66o 1730 |
Beispiel 3 io kg hochwertiges Buchenschälfurnier mit einer Dicke von o,2 mm wird
in den Abmessungen von 1,5 m Länge und 2o cm Breite unter Verwendung von Stützeinrichtungen
mit cool einer Lauge, die 1,5 kg Ätznatron gelöst enthält, i1/2 Stunden in einem
Druckkocher bei 16o° C und bei einem Druck von etwa 6 bis 7 Atm. gekocht. Die gekochten
Furnierbänder werden sorgfältig unter Erhaltung des natürlichen Holzverbandes dem
Kocher entnommen, gewaschen und getrocknet. Die Bänder aus Zellstoffholz werden
alsdann schwach angefeuchtet und in einer Hechelvorrichtung in bekannter Weise zu
Langfasern von o,1 bis
0,5 mm Breite aufgehechelt. Die so erhaltenen Langfasern
werden gegebenenfalls nach Kürzung auf eine erforderliche Stapellänge zu Geweben,
Stricken und Garnen versponnen. stoffholz werden in an sich bekannter Weise durch
Zwischenlegen von Kunstharzfilmen bei einer Temperatur von z40° C zu einem Schichtwerkstoff
gepreßt. Die mechanisch-technologischen Eigenschaften eines Schichtholzes aus dem
normalen Ausgangsholz und des durch chemische Behandlung der Kiefernfurniere hergestellten
Schichtwerkstoffes sind nachfolgend vergleichend gegenübergestellt.
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Es ergibt sich, daß der durch chemische Behandlung gewonnene Werkstoff
noch praktisch die gleiche Druck-und Biegefestigkeit besitzt wie das Ausgangsholz,
aber eine bedeutende Erhöhung der Zugfestigkeit gegenüber dem unbehandelten Kiefernfurnier
erfahren hat. Die Reißlänge konnte in diesem Falle von 2o,2 km beim Schichtholz
aus unbehandeltem normalem Kiefernholz auf 32,1 km beim Schichtwerkstoff aus Kiefernzellstoffholz,
also um rund 6o % erhöht werden. Durch Aufteilung der Bänder aus Zellstoffholz in
2 bis 3 cm breite Streifen können durch Eindrehen der Bänder hochzugfeste Schnüre,
Seile und Flechtwerke hergestellt werden. Die Dicke der Fasern und Bänder kann durch
die Dicke der eingesetzten Rohfurniere den gewünschten Verhältnissen angepaßt werden.
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Durch die mehr oder weniger starke Auslösung des Lignins und der Kohlehydratbegleitstoffe
lassen sich die Eigenschaften des Zellstoffholzes in gewissen Grenzen beeinflussen.
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Mit der Herstellung von Zellstoffholz lassen sich die verschiedensten
an sich bekannten Arbeitsweisen zur Holz- und Zellstoffveredlung, falls es gewünscht
wird, zweckmäßig verbinden. Zum Beispiel können feuchte, nicht getrocknete Zellstoffholzfurniere
mit bekannten Pilz- und fäulniswidrigen Mitteln getränkt werden. Weiterhin können
beispielsweise die chemisch behandelten
feuchten Holzteile mit
wäßrigen Lösungen oder Suspensionen von härtbaren Kunstharzen oder ähnlichen Imprägnier-
und Veredlungsstoffen getränkt werden, die nach der Trocknung des Zellstoffholzes
im fertigen Werkstoff eine jeweils gewünschte Wirkung, wie Wasserfestigkeit, erhöhte
Geschmeidigkeit, erhöhte Starrheit oder ähnliche Wirkungen hervorrufen. Auch kann
das trockene Zellstoffholz üblichen, für Zellstoff, Papier und Holz gebräuchlichen
Nachbehandlungsverfahren unterworfen werden.
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Das Zellstoffholz läßt sich auf den verschiedensten Anwendungsgebieten
als hochwertiger Werkstoff einsetzen. Da Zellstoffholz, besonders bezogen auf sein
Gewicht, hochwertige mechanisch-technologische Eigenschaften besitzt, ist es vor
allem für den Flugzeugbau von größter Bedeutung. Die Zellstoffholzfurniere können
durch Verklebung mit Kunstharzen oder ähnlichen geeigneten Stoffen zu abgesperrten
Schichtwerkstoffen verbunden werden. Aus recht lang geschnittenen Zellstoffholzfurnieren
lassen sich durch zweckmäßiges Aneinanderkleben hochzugfeste Bänder gewinnen, die
z. B. auf Grund ihrer recht hohen Zugfestigkeit sogar als Treibriemen zu benutzen
sind. Das flächige Zellstoffholz kann ferner in schmale Streifen aufgeschnitten
werden, die als Bänder, Garne oder in Form von Stapelfasern zur Herstellung hochzugfester
Gebilde verwendet werden können.
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Es ist zwar bereits vorgeschlagen worden, aufgeschnittenes Holz durch
Dämpfen oder durch gelinde Behandlung mit Alkalien zu erweichen und dann mit oder
ohne Anwendung von Druck zu trocknen, zu biegen oder zu verformen. In diesem Fall
soll durch gelinde chemische Behandlung des Holzes lediglich eine Erweichung des
Holzes erzielt werden.
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Auch ist es bereits bekannt gewesen, aus Holz durch eine gelinde alkalische
Behandlung bei höheren Temperaturen, die jedoch unter ioo° C liegen, Nichtcellulosebestandteile,
wie z. B. Lignin, Harze od. dgl., herauszulösen. Hier lag jedoch ein anderer Zweck
vor als bei der Erfindung. Es sollte nämlich nicht etwa die Zugfestigkeit erhöht,
sondern vielmehr die Schrumpfung des Holzes möglichst vermindert werden.
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Wenn dies auch schon aus den obigen Darlegungen hervorgeht, so wird
doch ausdrücklich festgestellt, daß es an sich auch bereits bekannt war, mit Hilfe
eines der obengenannten Verfahren Zellstoff herzustellen, aus dem Papiere mit sehr
guten Festigkeitseigenschaften, z. B. mit guter Reißlänge und Falzfestigkeit, erzeugt
werden können. Demgegenüber -betrifft die Erfindung jedoch die Herstellung eines
neuartigen hochzügfesten Werkstoffs, in dem der natürliche Holzverband auch nach
der Auslösung der nichtcellulosischen Substanz durch die chemische Behandlung erhalten
ist.