DIE KULTUR DES PARKENS EINLEITUNG
FROM THE GARDEN HOUSE
G EV + A LAB ATELIER
VILLA SNUPER DESIGN INC.
PROMES / ROBERT KONIECZNY
HOUSE IN TAKAMATSU FUJIWARAMURO ARCHITECTS
HOUSE
COMPANY
VILLA MIMI KLAMMER*ZELENY ARCHITEKTEN
PETRA MARLENE ULDSCHMIDT ARCHITECTS
MCCLEAN DESIGN
SOPHIA COLLCOLL
HOUSE GARAGE KENSTRÖM DESIGN
HAUS GABLES JENNIFER BONNER / MALL
CINQUECENTO NAPUR ARCHITECT LTD.
COMPOUND HOUSE MARCH STUDIO
PERLWEISS ARCHITEKTEN LEE + MIR
BB GARAGE ARCHITECTS INK
CASA DA ROCHA LUV STUDIO
THE GARAGE SHIFLET RICHARDSON ARCHITECTS / MARK ASHBY DESIGN
THE QUEST STRÖM ARCHITECTS
FENCE HOUSE MODE:LINA
GRACE STREET LIVE / WORK RAVEEVARN CHOKSOMBATCHAI / VEEV DESIGN
HOUSE PETRJANDA / BRAINWORK
VILLA + GALLERY U / A SATOSHI OKADA
DIE KULTUR DES PARKENS
PARKENVOM SPIELZEUG ZUM FAHRZEUG
Zumeist beginnt es schon in der Kindheit. Die Helden und Superhelden unserer kleinen Welt leben uns die ersten Träume vor. Und wir sind dabei: Man benötigt einerseits ein leistungsstarkes Auto – zuerst ein knuffig geformtes und unka puttbares Walt-Disney-Mobil, dann ein Supercar, wie Spirou es fährt (Abb. 1), oder das gefährlich coole Batmobil, viel leicht auch ein Modellauto in Matchbox-Größe, zum Beispiel einen Mercedes-Benz SL. Und dazu brauchen wir ein Haus, mit Garage natürlich. Ein Modellhaus von Faller oder aus Legosteinen oder wir begeben uns in die virtuelle Realität eines Computerspiels. Mit dem zugehörigen Joystick kann man das Superheldenauto oder den Rennwagen sogar selbst fahren und parken. Es verstreichen die Jahre, man wird größer und pragmatischer, vieles wird wirklich: der Führerschein, das eigene Auto, ein Haus, das man tatsächlich betreten kann. Plötzlich aber kommt das Gefühl auf, dass irgendetwas fehlt, dass man etwas ganz Maßgebliches vermisst: das Spielen. Damals konnte man so einfach versinken in die intensive Welt des unmittelbaren Genießens und in der Fantasie große oder kleine Abenteuer erleben. Die Voraussetzungen wären ja vorhanden, dieses unterschwellige Verlangen zu befriedi gen. Was, wenn das Auto ein Supercar wäre, ein eleganter Oldtimer, zumindest aber emotional, und eben kein vernünf tiges Leasingfahrzeug? Was, wenn wir ein dazu passendes Haus hätten, mit einem besonderen Platz zum Einfahren, Par ken und Herausrollen? Möglich wäre es. Die Lust am Wohnen und Fahren, vielleicht sogar das eine oder andere Abenteuer, stellen sich hoffentlich dann schon von selbst ein.
Mit viel Genuss widmet sich dieses Buch genau jenem Gefühl, das sich nach einer starken Aufwertung unserer Wohngebäude sehnt. Wer es durchblättert und sich auf Bilder und Pläne einlässt, wird erkennen, dass es überall auf dem Globus Menschen gibt, die ihre Leidenschaften auf eine bemerkenswert ehrliche Weise erkunden und versuchen, sie zu leben. Kultur entsteht durch diese Energie und Krea
tivität, sei es auf den Feldern des Essens und Trinkens, der Kunst und Musik, der Mode oder auch des Sports. Archi tektur ergänzt diese Aufzählung sehr unmittelbar, weil sie uns existenziell versorgt, insbesondere dann, wenn sie dem Wohnen dient. Dann kommt es entscheidend darauf an, unsere individuellen Bedürfnisse und Vorlieben in Gestaltung und Raumatmosphären aufzunehmen. Es gibt deshalb kaum etwas Komplexeres, als die Planung eines idealen Wohnor tes. Ob Apartment oder Villa – beides muss technisch und ergonomisch optimal funktionieren und in der Lage sein, den Bewohnern mit ihren jeweiligen Persönlichkeiten dauerhaft einen angenehmen und auch anregenden Aufenthalt zu bie ten, und dies alles in einer überzeugenden Form. Eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe also, für welche der Bauwillige unbedingt ein ebenso anspruchsvolles Architekturbüro finden muss, mit dem er seine Ideen in intensivem Austausch präzisieren und verwirklichen kann.
Der spezielle Aspekt der Automobilkultur, der in dieser Pu blikation eine besondere Aufmerksamkeit erfährt, bedingte die Auswahl der im Folgenden vorgestellten Architekturen und Konzepte. Das Auto beziehungsweise das „Mobil“ ist nämlich – nicht nur in Bezug auf die oben beschriebenen Kindheitserinnerungen mancher Leser und Leserinnen –schon seit Urzeiten Bestandteil des menschlichen Domizils gewesen. Es beginnt mit den Pferden oder Eseln, die man als Zug- und Reittiere in Ställen in der Nähe des Hauptgebäudes unterbringt und die, vor eine zwei- oder vierrädrige Kutsche gespannt, den Vorläufer der späteren Karossen bilden, die dank Dampf, Elektrizität oder Verbrenner wie von „selbst fahren“ – „automobil“ eben. Über alle Epochen hinweg entstanden dafür dann jeweils adäquate Nebengebäude, die im Falle hochwertiger Anlagen repräsentativ gestaltet wurden.
Das beginnt mit den Stallungen und Remisen der Pharaonen im Sand der ägyptischen Wüste, in unseren Breiten vertreten durch das technisch beeindruckende Fahrzeug im eisenzeit lichen Grab des Keltenfürsten von Hochdorf, geht weiter mit den Idealplänen Andrea Palladios in der Renaissance und führt zu Johann Wolfgang Goethe, der um 1800 unter dem Schlafzimmer in seinem Weimarer Haus am Frauenplan einen Stall sowie die Remise mit Kutsche und Schlitten einrichten ließ. Einen nächsten Entwicklungsschritt stellen circa 100 Jahre später die Villen amerikanischer Unternehmer und Filmstars mit ihren ersten Mehrfachgaragen dar. Heutzutage nun liegt es an uns, diesem Miteinander von Immobilie und Mobil eine passable Form zu verleihen, die es erlaubt, diesen Passionen Raum zu geben. Natürlich muss die Architektur dabei dem Hang zur Mobilität gewachsen sein. Es kommt also auf die Harmonisierung von Gebäude, Wohnnutzung und Auto an, dem in sich eigenständig konstruierten, beweg lichen Technikmodul, das seine eigenen Bedingungen hat. Es ist meist schon als Einzelfahrzeug das größte und teuerste Element der Ausstattung eines Hauses und benötigt daher Raum und Sicherung, auch in Bezug auf die Feuergefahr seines Antriebs – das vervielfacht sich natürlich, wenn wir es mit ganzen Sammlungen zu tun haben.
Dieser positive culture clash liegt nun im Fokus der hier vorgestellten architektonischen Entwürfe, wobei sich zeigt, dass das Miteinander automobilbegeisterter Bauherren und entsprechend sensibilisierter Gestalter zu Bauwerken führen kann, in denen sich Anspruch, Ästhetik und Dynamik beider Welten genial zusammenfinden. Denn für beides gibt es Fachleute, sei es für Dämmwerte wie für Radschlupfbegrenzung.
Wer die vorgestellten Orte nicht physisch aufsuchen kann –und das gilt angesichts der überall auf der Welt verstreuten Beispiele vermutlich für viele Leser dieses Buchs –, ist auf Pläne, Beschreibungen und Bilder angewiesen. Dass letztere dank exzellenter Architekturfotografie mitunter sehr genau vermitteln können, was der Bezug zum Mobilen bedeutet, zeigt sich exemplarisch bestens an der gelungenen fotografischen Impression eines Einfamilienhauses des Stuttgarter Architekturbüros Steimle (Abb. 2). Wohnhaus trifft Mercedes, könnte man sagen.
WE ARE FAMILY!
Der übliche Platz von Automobilen im Umraum eines Hauses, seien es nun ein oder mehrere Alltagsvehikel oder auch eine Kollektion von Sammlerstücken, ist die Garage, beziehungsweise sind deren Varianten, vom Carport bis hin zur unter irdischen Wagenhalle. Wenn eine besonders empathische Beziehung zu den Gefährten besteht – und das setzen wir hier ja voraus –, dann verbinden sich diese Räume mit dem Gesamtanspruch des Wohnens. Ein gutes Haus lässt also den automobilen Mitbewohnern eine vergleichbar bergende Sorge zukommen, Sicherheit und Wärme oder zumindest
3 Holzrausch und Grünecker Reichelt Architekten (München, D), Turmhaus in Tirol, Gerlosberg (A), 2019 Trockenheit. So, wie es das hölzerne Turmhaus in Tirol ausdrückt (Abb. 3), das einen wohlig schützenden Raum unter den weichen Schneemassen anbietet: oben für die Menschen, etwas tiefer für ihre Fahrzeuge.
Der Stellplatz ist folglich nicht nur ein funktionaler, sondern auch ein ganzheitlich zu planender Raum des Hauses. Abge sehen von der pragmatischen Bewältigung der Aufgabe des Hin- und Wegfahrens, die uns das oft alternativlose private Verkehrsmittel ermöglichen muss, spielt auch eine fundamental wichtige emotionale Dimension mit. Denn gerade die Beziehung zum Fahrzeug und die Lust am Fahren, die viele von uns genießen, sollte unbedingt einen baulichen Nieder schlag finden. Gut zum Ausdruck bringt dies die Äußerung eines Herrn, der Ende der Siebzigerjahre einen tannengrü nen Mercedes W 123 und mit diesem eher biederen Wagen dennoch einen maßgeblichen Erlebniswert erwarb: „... nur im Auto und auf der Fahrt bin ich glücklich, ich bin der unglücklichste Ankommende, den man sich vorstellen kann ...“ Dieser Herr war der eigenwillige österreichische Schrift steller Thomas Bernhard, und geparkt wurde in einem seiner sehr speziell restaurierten Bauernhöfe. Offensichtlich aber schaffte es der anspruchsvolle Literat nicht, seinen geliebten Daimler in einer überzeugenden Weise mit der Architektur zu verbinden. Hierfür gibt es nun Anregungen auf den folgenden Seiten.
PARKEN ERLAUBT
Die vorgestellten Lösungen erweisen sich dabei auf unterhaltsame Weise „Einfach kompliziert“, wie eines der wunderbaren Theaterstücke Bernhards heißt. Einerseits schaffen sie einen funktionalen Verstauraum für mehrere Quadratmeter Auto, eine Kiste, nichts einfacher als das – andererseits fusi onieren sie dabei mit unseren ästhetischen und atmosphä rischen Ansprüchen an die Architektur. Und das wird dann kompliziert.
ZEITLOSES MITEINANDER
Beispiele für die nun aufwendigere Gemengelage bei der Planung der Unterstellplätze sind einerseits schützenswerte oder im dichten Kontext eingefügte historische Altbauten. Schon die hochwertige bauliche Modernisierung beansprucht viel Einfühlungsvermögen, Können und Aufwand. Dies ist nun auch für die Parksituation nötig. Bei einem alten Stadthaus in Coimbra (Abb. 4–5) entschied sich der Architekt João Mendes Ribeiro für die zurückhaltende Einpassung einer Garage in der dem Haus vorgelagerten Vorgartenterrasse. Die Bewohner ließen sich gerne darauf ein, mit der kreativen und sensiblen Lösung an ein kleines Fahrzeug gebunden zu sein: Ein Smart Fortwo mit lediglich 250 Zentimetern Länge passt wirklich immer.
Ein weiterer Aspekt sind die lokalen Bauvorschriften oder der stilistische Kontext des Viertels. Ob behördlich ge zwungen oder aus eigener Haltung heraus gilt es in solchen Fällen, die Gegenwart mit ihren spezifischen technischen und formalen Anforderungen mit der Gestaltung des Bestands und der lokalen Stilsprache zu homogenisieren. Spannend wird es zudem durch den Einbezug der geparkten Fahrzeu ge. Denn auch sie unterliegen den Zeitläuften und der Mode: Alle paar Jahre wird ein Facelift durchgeführt oder es gibt sogar eine Neuauflage des Modells. Welches Auto also könn te passen, was lässt sich kombinieren? Im hier gezeigten Fall eines weiteren portugiesischen Hauses (Abb. 6–7), das von João Tiago Aguiar Arquitectos in einer gekonnten Symbiose aus regionalen Stilismen und ausgesuchten Details 2017 realisiert wurde, verfügten die Klienten bereits über die ideale Ergänzung der mediterranen Baukultur: Sie stellten sich den Klassiker der Branche schlechthin unter das abgeschleppte Ziegeldach – hier in der Ausführung GT3 RS, ebenfalls in Rot.
Restriktive Bauvorschriften können es vor allem Sammlern, die über mehr als nur die Alltagsfahrzeuge verfügen, schwer machen, weitere Vehikel auf dem Grundstück unterzubringen. Wenn es beispielsweise nicht gestattet ist, massiv zu bauen oder unterirdisch zu erweitern, dann ist man auf krea tive Planer angewiesen. Bei der charmanten Dreifachgarage mit Zedernschindeldach im belgischen Ternat (Abb. 8–10) wurde nicht nur das natürliche Material Holz eingesetzt, sondern auch der traditionelle, dem Wagen zugeordnete Bautyp der Remise revitalisiert. Er ist der idealtypische Ort des „Zurückstellens“, des Verwahrens – worauf das aus dem Französischen kommende Wort se garer hinweist. Eine ebenso passable, wie schöne und vor allem simple Architektur für Automobile. Die Bilderzählung stellt dies unter Beweis: Zu erst öffnen sich die frontalen Luken langsam, eine nach der anderen. Man hört das Zünden und Grummeln von Motoren. Dann rollen sie heraus – ganz einfach so.
GARAGE À LA CARTEDIE GADGETS
Wer aber die Chance hat, unter liberaleren Bedingungen zu bauen, Neues zu denken und einzurichten, der wird sich neben den räumlichen und formalen Parametern eventuell mit den Möglichkeiten einer besonderen Ausstattung befassen. Dies geschieht bisweilen unter dem Druck des Faktischen, etwa wenn man eine größere Garage auf dem Grundstück aus Platz- oder gestalterischen Gründen unter die Erde verlegt und dies nicht mit einer Zufahrtsrampe verbinden möchte. Um welche Dimension es sich auch immer handelt –ein Autolift in Gestalt einer Hubplattform ist angebracht. Er bewegt die Fahrzeuge auf kleinstmöglicher Fläche vertikal und kann sich sogar mittels einer camouflierten Deckplatt form aus Pflaster oder Begrünung im Außenbereich unsicht bar machen. Die Eigner einer hochwertigen Villa am Nordu fer des Genfer Sees beispielsweise nutzten hierfür einen mit Kieseln und kleinen Felsen bedeckten japanischen ZenGarten (Abb. 11-13). Ihr Fuhrpark, darunter ein Porsche 356B, senkt sich nun ebenso ästhetisch wie lautlos in die große Tiefgarage unter dem Gebäude.
HOCH, RUNTER UND RUNDHERUM
Ein fast so spektakuläres Accessoire arrivierter Parkkultur ist die Drehscheibe, die ebenerdig außen wie innen installiert werden kann. Auch sie ist als technisch präsente Metallplatte oder mit einer unauffälligen Oberfläche einsetzbar, die sich im Asphalt oder Beton der Fahrzone optisch integriert. Ein solcher Turntable lohnt sich bei engeren Zufahrten, da er das frontale Hinein- und Hinausfahren erleichtert. Sinnvoll sind solche aufwendigen Ausstattungen auch bei Mehrfachgaragen mit Rangierbedarf (Abb. 14-15). Kleiner Hinweis: Ihr Durch messer samt Umraum benötigt natürlich mehr als die Länge der zu drehenden Fahrzeuge – sonst droht Blechschaden.
Es ist eher unbekannt, dass es neben dem Öl- und Gummiduft der Fahrzeuge und den verführerischen Lichtreflexen auf dem Lack auch noch andere Angebote gibt, die sich dem sinnli chen Genuss widmen. Eine Firma aus Australien bietet an, das Wagendepot mit einem auf amüsante Weise versteckten Weindepot zu kombinieren (Abb. 16–17). Der Platz im Boden der Garage ermöglicht es jedem, fehlende Kellerfläche durch einen versenkten Spirallageraum auszugleichen – vor Kindern sicher sowie gut temperiert. Und wer statt eines Porsche Jahrgang 2008 nur einen Peugeot Jahrgang 2012 einstellen kann, dem ist es unmittelbar möglich, dieses Manko mit einem Pinot Noir Jahrgang 1995 auszugleichen.
Aus unterschiedlichen Gründen kommt es oft zur Errichtung freistehender Einzelgaragen. Vorproduzierte Exemplare wer den dafür von den Herstellern in einer großen Typenvielfalt angeboten. Zu den eindeutig spannendsten gehören multifunktionale Designmodule (Abb. 18), in denen ein hochwertiges Fahrzeug nicht nur geparkt wird. Dank großer Fensterflä chen und Illuminierung lässt es sich auch noch wie in einem Ausstellungsraum präsentieren – wie hier ein Ur-911er.
Darüber hinaus sind weitere Ausstattungs-Gadgets denkbar, beispielsweise die Integration von Staufächern oder Winter rädern. Wer jedoch seinen wertvollen Wagen in einer Groß garage oder einem Showroom parken möchte, dem bietet sich eine geniale Alternative zur abgeschlossenen Kabine an: das Prinzip des Security Carpad (Abb. 19). Das Auto wird dabei auf eine flache Aluminiumplattform gestellt, die es auf Wunsch mit einem umlaufenden LED-Leuchtenband wirkungsvoll in Szene setzt. Bemerkenswert ist vor allem, dass das Carpad zudem hydraulische Klappen ausfährt, um ein ungewolltes Herunterrollen zu verhindern. Bewegung wird sensorisch erfasst und löst Alarm aus. Da steht auch der schöne Maserati MC20 sicher im Freien.
Eine weitere faszinierende Qualifizierung der Parkarchitektur – und zwar des ohnehin schon aufwendigen Carlifts – ist hier anhand eindrücklicher Bilder zu bestaunen. Wem es nämlich zu langweilig sein sollte, für 60 Sekunden ohne Abenteuer in seinem Jaguar E-Type in der Kabine eines Autoaufzugs sanft hoch oder runter gefahren zu werden, der kann sich dort ein 360°-Diorama-Kinoerlebnis installieren lassen: Bergwelt, Tiefsee, Herbstwald, Kosmos … – vielleicht schwimmt auch ein Wal vorbei. Der Nachwuchs wird sich freiwillig in den Wagen setzen (Abb. 20–22)! Und überhaupt – ein E-Type. Über seine automobile Liebe schrieb einst Pete Townshend von „The Who“ ein paar unvergessliche Lyrics, die hier unbedingt wieder einmal vergegenwärtigt werden sollten:
Every lovely spot near or far
You can reach them too in your car Or you might be there now if you own a jag already
The radio blasting, the girls are glancing The dash is dancing with gleaming dials Grace, space, pace / Grace, space, pace Jaguar, Jaguar, Jaguar, Ja-gu-ar
VIER PLUS ZWEI
Obwohl es große Freude bereitet, sich mit einem Vierradfahrzeug durch Stadt und Land zu bewegen, führen auch Motorräder zu äußerst angenehmen Endorphinausschüttungen. Dies mag der Grund sein, warum jene sich sowohl in Samm lungen als auch in manchen privaten Fuhrpark einreihen. Bei einer größeren Garage wird man damit keine Schwie rigkeiten haben – architektonisch bedarf es a priori keiner spezifischen Baumaßnahme. Dennoch gibt es fordernde Situationen: Beispielsweise das keineswegs seltene Szenario eines Großstädters, der sich eine komfortable Etagenwohnung in einem Apartmenthaus einrichten will. Plant man nun, sein geliebtes Bike dorthin mitzunehmen, was ja bei echten Petrolheads durchaus verständlich ist, sollte man die Miteigentümer überzeugen können, einem zu gestatten, das durchaus nicht leichte Vehikel im Aufzug zu transportieren. Dann steht dem gemeinsamen Wohnen nichts mehr im Weg, und die Architekten dürfen sich überlegen, wie sie diese Symbiose in eine überzeugende Raumgestaltung gießen. Exemplarisch gelungen ist dies bei einem 180 Quadratmeter großen Prager Penthouse (Abb. 23–24), in dem sich – quasi als starker Gegenspieler – dem Honda Café Racer ein spekta kulärer Weintresor beigesellt. Die Architekten nennen diesen Wohn- und Genussraum Signature Space. Man sollte bei der Verwendung beider Ausstattungselemente der Wohnung allerdings die Reihenfolge der Nutzung nicht vertauschen: immer zuerst das Bike, dann der Wein.
Apropos Zweirad als Ergänzung des Automobils: Das unmo torisierte Fahrrad – inzwischen wäre allerdings eine stetig wachsende Familie an E-Bikes dazuzurechnen – sollte als selbstverständlicher Bestandteil der mobilen Ausstattung eines Haushalts keinesfalls unerwähnt bleiben. Ein design- und technikaffiner Zeitgenosse besitzt bestimmt einen qualitativ hochwertigen und oft individualisierten Drahtesel, vielleicht sogar mehrere. Wie meistens aber entstehen mit einer Lei denschaft auch typische Probleme, so die Unterbringung. Draußen vor dem Haus? Auch wenn diese inzwischen hochge schätzten Verkehrsmittel ideal im dichten Stadtgetümmel und umweltfreundlich sind, so schützt sie das nicht vor Regenrost oder Diebstahl, außerdem muss ab und zu etwas gesäubert oder gewartet werden – also eher nicht. Was lässt sich denn aus architektonischer und mobilistischer Perspektive hierzu bemerken? Wer im Einfamilienhaus wohnt, verfügt meistens über genügend Restfläche für seine Räder oder E-Bikes und wird improvisieren. Allerdings gibt es eben auch jene Connais seurs, die sich eine exzellente Fahrradsammlung zulegen und folglich entsprechenden Platz benötigen. Aber auch hierfür gibt es architektonische Lösungen. Empfehlenswert ist es, wie auch bei Garagen keine Kompromisse zu machen – Chadbourne + Ross Architects führten es im Cycle House vor (Abb. 25–26). Das Sockelgeschoss des Einfamilienhauses wur de dort konsequent der Mobilität gewidmet. Mittig sitzt der Eingang, links die Garage mit Vorfahrt. Rechts daneben befin det sich ein umzäunter Außenhof, auf den sich der großzügig bemessene Magazin- und Werkstattraum der Fahrradliebha ber öffnet. Entspannte Fahrzeugpflege, im Sommer unter freiem Himmel – da ist es fast egal, ob es sich um den Youngtimer oder das seltene Rennrad handelt.
Für den ebenso typischen Fall, dass man allgemein eher zu wenig Raum zur Verfügung hat – also beispielsweise in einer Etagenwohnung – wäre die Kontaktnahme mit ambitionierten Innenarchitekten zu empfehlen, was DDAANN + MJÖLK unter Beweis stellten. Sie erfanden eine Wandgarage für das teure Zweirad (Abb. 27–28), die nicht nur extrem flach in der Wand sitzt – weitere Räder verstecken sich im Lagerraum gegenüber –, sondern dank Farbe und Beleuchtung auch noch zum Attraktor des gesamten Apartments werden darf. Bitte mehr davon!
Zu den wichtigsten Herausforderungen im Umgang mit dem Wohnen in der Stadt zählen Planer und Gestalter seit eini gen Jahren die bauliche Verdichtung in Kombination mit der Reduktion des Individualverkehrs. Selbst die emotionalsten Motoristen sind sich der Notwendigkeit von Reformen bewusst und zeigen sich offen für anspruchsvolle Konzepte, welche die Reize der Mobilität und des Designs nicht verloren geben. Das eng in die Quartiersbebauung eingefügte Town house beispielsweise ist eine der spannendsten Wohnformen und international in vielen großen Städten auch traditionell zu finden. In den besten Entwürfen kondensiert sein optimiertes Hausdesign Funktionen und Raumansprüche in faszinierende Architekturen. Interface Studio Architects demonstrieren dies
mit dem Tiny Tower. Ihr Townhouse in Philadelphia (Abb. 29–31) ist extrem schmal und fünf Geschosse hoch. Im Äuße ren wie im Inneren zieht es einen sofort in Bann: Die Ästhetik ist durchdacht, die Raumökonomie überzeugend – wie auch seine Kombination mit dem einfachsten Mobilitätsprinzip, das man sich vorstellen kann: der leichte Drahtesel, den man bei der Ankunft einfach an der Mittelstange greift, mit hin einnimmt und im Eingang an die Wand stellt. Deshalb sei es hier in den Kontext der großen Automobilistenhäuser auf genommen, denn es sind gar nicht so wenige, die das Leben in der urbanen Innenstadt lieben und ihren Wagen, wenn sie erst einmal einen Parkplatz gefunden haben, gerne eine Weile stehen lassen.
BUNT IST BEAUTIFUL!
Und darüber hinaus? Das Automobil steht immer in formaler und ästhetischer Beziehung zu seinem Umfeld, das die wildgrüne Natur entlang einer Geländeroute sein kann, die staubgraue Asphaltfläche der Autobahn oder das urbane Chaos. Wir müssen auf diese Terrains jeweils reagieren und bestel len unsere Fahrzeuge eventuell deshalb mattschwarz oder in raffiniertem Blaugrau-Metallic, lassen sie zwangsläufig einschmutzen, wenn wir in einer Großstadtallee mit Linden bestand wohnen, oder pflegen sie nach jedem feuchten Tag mit dem Fensterleder in den richtigen Glanz zurück. Die ar chitektonische Dimension lässt sich dagegen kontrolliert und stabil gestalten. Dazu gehören nicht zuletzt die Oberflächen der Räume, in denen geparkt wird. Vieles spricht dafür, sie eben nicht in den zurückhaltenden Grautönen der Baumateria lien oder dem üblichen hellen Putz zu belassen, sondern ein Ambiente zu erzeugen, das der Ausdrucksstärke einer guten Karosserie entspricht. Wenn es jedoch so bunt wird, wie bei der ebenso fantastischen wie kunstvoll zonierten Privatgara ge 72DP (Abb. 32–34), zu welcher sich die in New York und London beheimateten Designer Craig & Karl hinreißen ließen, dann empfiehlt es sich, die Lackierung des Fuhrparks lieber auf Schwarz und Weiß zu beschränken. Natürlich benötigt es für eine dermaßen wirkmächtige Neudefinition eines Innen raums eine hochgradige Kompetenz – nicht nur im Umgang mit Farben, die bei diesem Projekt betont hell und freundlich auftreten, sondern in Bezug auf die gestalterische Bewälti gung großer Flächen. Hier gelang es den Designern, mittels einer grafisch exakt ausponderierten Abfolge geometrischer Areale, die sich bandartig über Boden, Wände und Decke ziehen, einen logisch komponierten Farbraum zu erzeugen.
GLÜCKLICHE GARAGENWELT – HIER FÄRBT DER LACK AB
Dass dieser so hell und sympathisch auftritt, ist zum einen der Architektur geschuldet, die das Tiefgeschoss zum Garten und zum Innenhof hin öffnet, womit Tageslicht hineingezogen wird, zum anderen trägt dazu die gelungene Ausleuchtung bei. Es lohnt immer, sich von den individuell entwerfenden Architekturbüros auch eine professionelle Lichtplanung empfehlen zu lassen und nicht am Einsatz neuester Technologien zu sparen. Diese sind nämlich nicht nur umweltfreundlicher, sondern erweitern die Raumwirkung des Gebäudes durch die spezifi schen Fähigkeiten von Licht – gemeint ist dabei vor allem die Modulierung der Atmosphäre, was gerade bei monofunkti onalen Räumen wie den Garagen ungeahnte Potenziale der Inszenierung freischaltet: vom puristischen über ein HighTech-Ambiente, das Spielerisch-Bunte bis hin zum Mondänen. Gute Gestalter reagieren bei der Integration der Beleuchtung sowohl auf die maßgeblichen Bedingungen der Räumlichkeit und relevante Bewegungslinien als auch auf die dort einfah renden und geparkten Fahrzeuge. Exemplarisch zeigt sich dies bei einem Projekt des Lichtplaners Tobias Link (Abb. 35–36), das mit unterschiedlich dimm-und färbbaren Lichtlinien die Garage eines Sammlers aus der sachlichen Volumetrie in eine
stimmungsvolle dynamische Szenerie verändern kann, wobei sich die Präsenz der Fahrzeuge jeweils ändert.
Oft – und hier denken wir nicht an die üblichen Familiengaragen, an deren Seiten- und Rückwänden aufgrund mangelnden Stauraums Fahrräder, Reifen und Gartengeräte abgestellt werden – erfahren die Innenseiten der besonderen Garagen räume, die sich Sammler einrichten, eine individuelle, museale Ausgestaltung. Aufgrund der meist großzügig bemessenen Grundfläche steht genügend Abstand zwischen Fahrzeugen und Wandregalen oder Vitrinen zur Verfügung, um auch die Exponate einer zweiten Sammelleidenschaft zu präsentieren. Gemeint sind damit entweder thematisch passende Accessoires wie Trophäen und Automodelle oder eine vollkommen andere Kollektion, wie beispielsweise bunte Bärenfiguren. Die Bear Garage, die Onion Architects aus Nonthaburi realisier ten (Abb. 37–39), ging als Sammlergarage mit einer besonders kuriosen Mischung schnell durch die einschlägigen Web-Portale. Mit Recht, denn wer würde einem Fahrer leistungsstarker Sportwagen oder eines klassischen Minis schon den liebens werten Wahnsinn zutrauen, sich Hunderte großer, in Asien sehr begehrter Bearbrick-Figuren in dieselbe Halle zu stellen? Außen mit Aluminium-Fiberglaspaneelen besetzt, wurde das Innenvolumen darüber hinaus in eine an Science-Fiction-Fil me angelehnte Ästhetik gebracht.
IN SZENE GESETZT
Mit solchen Projekten ist der architektonische Aufwand zur Unterbringung von Fahrzeugen bereits auf ein Niveau gestiegen, das weit über dem Üblichen liegt. Die Leser und alle, die bei den hier gezeigten Projekten als Gestaltende oder Auftraggeber involviert waren, werden übereinstimmen, dass es geboten ist, seiner Leidenschaft oder mindestens Sympa thie für das Automobil auch im Architektonischen Raum und Ausdruck zu geben.
LASSEN WIR DAS UNBEDINGT ZU!
Das bedeutet, größere Flächen mit höherwertiger Ausstat tung für die Stellplätze einzuplanen und sie in einen Erleb niszusammenhang mit dem Wohnen zu bringen. Unsere Automobile brauchen uns, zum Ausgefahrenwerden, zur lie bevollen Pflege ebenso wie für die angemessene Bewunde rung. Und wenn in herrschaftlichen Wohnungen und Häusern schon seit Generationen Kunstwerke, hochwertige Möbel und Interieurs oder prächtig gedeckte Tafeln inszeniert werden, dann soll dies auch mit unseren exzellenten Fahrzeugen möglich sein. Exemplarische Lösungen dafür gibt es – man spürt sofort die Lust an der Gestaltung expressiver Auto sphären, die sich unmittelbar mit dem Wohnen verbinden oder als allein den Fahrzeugen gewidmete Schauräume das Programm eines Domizils ergänzen.
Zu den aufwendigsten dieser Art gehört zweifelsohne die Autovitrine (Abb. 40-41), die Millimeter Interior Design als verglaste Doppelgarage in die Wohnetage eines kleinen Townhouse in Hongkong installierte. Eine Jalousie erlaubt es allerdings, das Objekt der visuellen Begierde – einen Ferrari 360 Modena – für stille Momente oder ein feierliches Dinner diskret auszublenden.
Die architektonischen Ansprüche, die ein Autoliebhaber sei ner Passion widmet, können sich in der ergänzenden Wohn lichkeit des Garagenraums äußern – also durch atmosphä rische Beleuchtung und Lounge-Möbel –, es kann sich aber auch um eine gestalterische Inszenierung des Fahrens und Reisens handeln. Eine solche Installation wählte Andreas Pizza für eine fensterlose Landhausgarage am Zürichsee (Abb. 42–43), die er mit einer hinterleuchteten Panorama ansicht Roms ausstattete. Sehnsucht erzeugt die leuchten de Wand und drängt uns, den Motor des Fiat 500 Topolino anzulassen und loszufahren – natürlich nach Rom.
DAS GEFÄHRT, EIN GEFÄHRTE – ALLERORTEN
Das Reizvolle der Thematik dieses Buches ist die Vielfalt der Gestaltungsversionen und die Tatsache, dass man entspre chende Ambitionen überall auf der Welt findet … von der dicht bebauten fernöstlichen Stadt über die idyllisch gelege ne europäische Villa bis hin zum Tropenwald im Pazifischen Ozean. Überall werden die Klassiker der Automobilkultur gesammelt und hochgeschätzt. Das hätten sich die Urväter Gottlieb Daimler, Ferdinand Porsche, William Lyons oder Enzo Ferrari in dieser internationalen Ausprägung kaum vorstellen können. Enthusiasten wie Jay Aldeguer, der in seiner Heimat auf der Pazifikinsel Cebu ein traumhaft atmosphäri sches Paradies einrichten konnte, sind die verdienten Protagonisten dieser Übertragung in ferne Gegenden. Hier gibt es keine Klimakammer oder betonierte Tiefgaragenrampen, sondern eine feuchtwarme Urwaldszenerie, ein verwunsche nes kleines Wohnhaus mit stimmungsvollen Accessoires und eine breite Garage unter üppig wuchernden Pflanzen (Abb. 44–46). Aufgereiht und fahrbereit steht sie da, die Porsche-Sammlung – nur 10.500 Kilometer entfernt von Zuffenhausen. Eine exotische Traumwelt mit 14 luftgekühlten Raritäten, alle von einer Marke: „I’d fall in love with the looks of different cars, but always went back to the Porsches.“
FORM FOLLOWS VELOCITY
So wie es die Gebäudetypologie gibt, mit denen Architektur spezifisch auf Anforderungen der aufzunehmenden Funktionen reagiert, wie dem regionaltypischen Bauen, das sich mit der Ausbildung des Baukörpers und den Materialien auf das lokale Klima einstellt, so existieren auch weitere Parame ter, die maßgeblichen Einfluss auf die Hausgestalt nehmen. Dazu gehört das Motiv des Autos schlechthin, seine Mobilität beziehungsweise die räumliche Darstellung von Bewegung. Dies lässt sich schon in der Klassischen Moderne nachwei sen, als autoaffine Architekten wie Le Corbusier oder auch Richard Neutra das Neue Wohnen konzipierten – man denke an die Villa Savoye oder das Haus für den Regisseur Joseph von Sternberg in Kalifornien. In der Zeitschrift Innen-Dekoration erschien 1929 eine Glosse, die sich mit dem moder nen Lebensgefühl dieser Jahre auseinandersetzte. Man las die Geschichte einer reichen Amerikanerin, die es ablehnte, ein Haus zu kaufen, und dies folgendermaßen begründete: „Geboren bin ich in einer Klinik, erzogen bin ich in einem Pensionat, verlobt habe ich mich im Auto, und in einer Kirche bin ich getraut worden. Essen tue ich im Hotel und in der Frühstücksstube. Vormittags spiele ich Golf, nachmittags Bridge, abends bin ich im Kino, schlafen kann ich im Reiseauto. Das einzige, was ich brauche, ist eine Garage.“ Vor fast 100 Jahren dachte man so und nahm das autonome Fahren damit vorweg.
Die genannten Beispiele bedienen sich der Geste eines ein fahrenden Wagens, ausgedrückt durch eine Kurvenform, um die architektonische Reaktion auf die Automobilität in den Baukörper zu übertragen – aerodynamisches Design, Technologie, Straßenführung etc. werden auf den architektoni schen Entwurf übertragen.
BEWEGUNG IM ENTWURF – VON WEGEN IMMOBILIE!
Erst kürzlich befassten sich erneut zwei Architekturbüros mit dieser Idee. Marchi Architectes stellten sich die raumökono mische Frage, warum man nicht mit seinem Wagen direkt auf und vielleicht sogar über das Haus fahren könne (Abb. 47–48)? Am besten formt man alles dafür in einer bewegungsabbildenden Kurve. Auch der Pariser Architekt David Tajchman arbeitete mit diesem dynamischen Parameter des Wohnens und nannte sein Konzept ein „Topologisches Haus“ (Abb. 49–51). Formaler Einflussgeber auf das malerisch an der Mittelmeerküste situierte Landhaus war auch bei ihm der ikonische 911 – vermutlich wegen dessen letztlich ebenso einfacher wie charakteristischer Silhouette. Diese und der Bewegungsvektor des Fahrzeugs generieren eine organisch modellierte Dachplatte, die – ausgehend von einem Carport – sich weich um den Wohnraum legt.
IDEEN FÜR DIE ZUKUNFT
Kommen wir von diesen visionären Konzepten zur zukunfts orientierten Architektur, zu einem Entwurfsansatz, der auf den Möglichkeiten, Ideen und Problemen der Gegenwart basiert und frei kreativ oder mit einer genauen Lösungsintention in die kommenden Jahrzehnte hineindenkt. Das kann sowohl in spirierend spielerisch sein, als auch mit nachhaltigem Verant wortungsbewusstsein argumentieren. In diesem Fall werden an Haus und Auto präzise Anforderungen gestellt. Die Archi tektur bemüht sich um eine umweltbewusste Bauweise und eine eventuell sogar positive Energiebilanz, das Automobil nutzt dank alternativer Elektro-, Wasserstoff- oder Brennstoffzellenantriebe einen möglichst klimaneutralen Treibstoff.
DIE PERFEKTE SYN-ENERGIE
Hierfür entstehen auf beiden beteiligen Seiten, der Architektur und der Autoindustrie, immer wieder interessante Konzepte, die aus der Synergie Innovation gewinnen – mit dem Ziel einer annähernden Umweltneutralität und autarken Energieversorgung (Abb. 52). Nicht selten sind dabei auch Planer aus der technischen wie der baulichen Profession der Automobilbranche und ihrer ästhetischen wie emotionalen Qualität verbunden. Dies führt beispielsweise dazu, dass ein Hausent wurf einerseits formal das gestische Element der Bewegung in seiner sinnlichen Gestalt aufnimmt und gleichzeitig die HighTech-Ausstattung Gebäude und Fahrzeug miteinander verbin det (Abb. 53–54) – per Connectivity-Technologie. Abfahrende wie ankommende Fahrzeuge kontaktieren das Smart-Home selbstständig und leiten spezifische Aktionen ein: Deaktivieren der Alarmanlage, Öffnen des Garagentores und Einschalten von Beleuchtung, Klimaanlage etc.
Zuletzt kommt es dann wirklich zur Symbiose, wenn Haus und Auto eins werden, sich in Form und Materialität homogeni sieren, ihre Energie austauschen und miteinander kommuni zieren. Dies ist denk- und visualisierbar, wie hier beim Tesla House mit einem Tesla-Truck (Abb. 55), soll aber keinesfalls als ausschließliche Zielvorstellung präsentiert werden. Dafür ist die Bau- und Autowelt viel zu vielfältig – glücklicherwei se. Wir wollen den charmanten Auftritt historischer Bauten genießen, auch besondere oder minimalisierte Architekturen und luxuriöse Domizile oder Villen. Ebenso benötigen wir den Reiz der Fahrzeuge: liebenswerte kleine Vierrädler wie den Mini oder Cinquecento, die perfektionierten Alleskönner wie den Cayenne oder den EQS und natürlich die Supermodels der Autoszene: die Bugattis, Paganis und Lamborghinis. Nicht zu vergessen ist auch das Recyclingthema. Zunehmend stößt man auf Ideen für die Wiederverwendung von Baustoffen und experimentelle Hausdesigns – und auch BMW stellte jüngst ein entsprechendes Fahrzeug aus recycelten Materialien vor, den iVision Circular – das wird noch spannend, auch für das Garagendesign.
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Falls es in den nächsten Jahren mit dem Easy Living etwas schwierig werden sollte – eine realitätsnahe Weltbetrachtung erzeugt ja durchaus manche Sorgenfalte – oder man sich einfach nur etwas zurückziehen möchte und keine Lust auf anstrengende Nachbarn hat, dann gibt es auch dafür bauliche Konzepte. Die einen verhalten sich lediglich ästhetisch formal distanziert und verwahren die automobile Familie in einer schönen und sicheren architektonischen Schatulle. (Abb. 61 - rechte Seite) Die Planer von Morari Architecture führen dies in einem ab S. 86 vorgestellten Betonpavillon eindrücklich vor. Die anderen denken das Zukunftsszenario sogar regelrecht dystopisch weiter. So befasste sich das spanische ABIBOO Studio virtuell mit der Konzeption eines angenehmen Aufenthaltsorts unter der Erde, in cooler Raum schiffatmosphäre und gefilterter Luft. Ihr autarker Doomsday Bunker (Abb. 56-60) liegt in einem weiten, naturbelassenen Areal und kann auf hohem Wohnstandard mit 1.100 Quadratmetern bis zu zehn Personen aufnehmen. Selbstverständlich wurde eine große Garage integriert und bietet für die Ausflüge an die Oberfläche alles, was man braucht: ein Tesla Modell 3 und den elektrifizierten Cybertruck, fürs Gelände ein schnelles Quad oder ein Motorrad.
Und so schließt sich der Kreis: vom Comic-Haus in bunter Alles-Ist-Möglich-Manier unserer Kindheit zum nicht ganz so optimistischen Bunker-Haus-Szenario der Erwachsenen. Dazwischen liegen unendlich viele Versionen der so interessanten Kombination von Haus und Auto – die hier im Buch aufgeführten gehören dabei zu den faszinierendsten.
Haus & Auto ist ein absolutes Muss für Autoliebhaber und Fans spektakulärer Architektur! 44 innovative Beispiele zeigen, wie man seinen vierrädrigen Freund – oder gar seine ganze Sammlung – präsentiert und ihm die gebührende Auf merksamkeit einräumt. In diesem Buch wird nicht einfach geparkt, vielmehr wird für das Auto eine architektonisch herausragende Räumlichkeit geschaffen, in der es seinen ganz eigenen Platz hat und Teil des Lebens ist.
Alle Projekte werden mit atemberaubenden Fotos und übersichtlichen Plänen vorgestellt. Interviews mit Autoenthusiasten und spannende Facts runden das Werk ab.
• 44 spektakuläre Ideen für kreative Garagen
• Neue Technologien und innovative Lösungen
• Spannende Interviews mit Autoenthusiasten
• Die umfassende Sammlung der besten internationalen Beispiele