"Bei den umfangreichen archäologischen Untersuchungen der letzten Jahre in der Altstadt von Witte... more "Bei den umfangreichen archäologischen Untersuchungen der letzten Jahre in der Altstadt von Wittenberg kamen wiederholt Drucktypen (Bleilettern) der frühen Neuzeit zu Tage. Damit nimmt die Kleinstadt an der Elbe europaweit eine Sonderstellung ein, denn aus keiner anderen Stadt mit einer entwickelten Druckindustrie sind derartig viele Bodenfunde bekannt. Mittlerweile liegen aus Wittenberg knapp 3000 Typen vor (Berger u. a. 2013). Die große Dichte an Fundstellen von Lettern, die durchaus auch massenhaft auftreten können, erweckt dabei den Eindruck, dass die frühen Drucker relativ achtlos mit den wertvollen Typen umgingen. Neben den als Verlustfunden anzusprechenden Lettern, wie sie beispielsweise bei jüngsten Untersuchungen in der Juristenstraße 16 und der Stadtkirche geborgen werden konnten (Abb. 1; Berger/Rode in Vorber. a), sind andere Letternkomplexe offenbar planmäßig in Latrinen oder Abfallgruben entsorgt worden. Das betrifft beispielsweise die bereits 1997 aufgefundenen etwa 600 Typen aus der Bürgermeisterstraße 5 (Berger/Stieme 2014 im Druck; 2014 im Druck a). Vom 2011 untersuchten Gelände des im nördlichen Teil der Altstadt gelegenen Arsenalplatzes sind knapp 2300 Lettern bekannt, die im Wesentlichen aus nur zwei Abfallgruben stammen (Berger/Rode in Vorber.).
Die beiden hier vorzustellenden, zahlenmäßig dagegen eher bescheidenen Letternfunde vom Gelände des ehemaligen Franziskanerklosters übertreffen die Massenfunde an Bedeutung noch einmal beträchtlich, zumal nicht nur eine Zuordnung zu einer sehr früh und erfolgreich produzierenden Wittenberger Offizin möglich erscheint, sondern gleichzeitig auch bislang einmalige Notentypen gefunden wurden. Im Folgenden sollen zunächst die Fundstelle und die Fundumstände beleuchtet werden, bevor die Lettern selbst, insbesondere hinsichtlich ihrer Typometrie, Typografie und Metallurgie, behandelt werden. Aus den aufgefundenen Typen ergibt sich schließlich die Frage nach der historischen Zuweisung des archäologisch geborgenen Materials, zu deren Klärung alle verfügbaren Informationen zusammengetragen werden. Den Abschluss der Arbeit bilden musiktheoretische Betrachtungen sowie einige Bemerkungen zur Musikgeschichte der Reformationszeit, die gerade durch das Wittenberger Themenjahr 2012 »Reformation und Musik« (Abb. 2) im Vorfeld des 500. Reformationsjubiläums 2017 und eine musikgeschichtliche Ausstellung 2012 in den Franckeschen Stiftungen in Halle (Saale) besondere Aktualität besitzen."
"Bei den umfangreichen archäologischen Untersuchungen der letzten Jahre in der Altstadt von Witte... more "Bei den umfangreichen archäologischen Untersuchungen der letzten Jahre in der Altstadt von Wittenberg kamen wiederholt Drucktypen (Bleilettern) der frühen Neuzeit zu Tage. Damit nimmt die Kleinstadt an der Elbe europaweit eine Sonderstellung ein, denn aus keiner anderen Stadt mit einer entwickelten Druckindustrie sind derartig viele Bodenfunde bekannt. Mittlerweile liegen aus Wittenberg knapp 3000 Typen vor (Berger u. a. 2013). Die große Dichte an Fundstellen von Lettern, die durchaus auch massenhaft auftreten können, erweckt dabei den Eindruck, dass die frühen Drucker relativ achtlos mit den wertvollen Typen umgingen. Neben den als Verlustfunden anzusprechenden Lettern, wie sie beispielsweise bei jüngsten Untersuchungen in der Juristenstraße 16 und der Stadtkirche geborgen werden konnten (Abb. 1; Berger/Rode in Vorber. a), sind andere Letternkomplexe offenbar planmäßig in Latrinen oder Abfallgruben entsorgt worden. Das betrifft beispielsweise die bereits 1997 aufgefundenen etwa 600 Typen aus der Bürgermeisterstraße 5 (Berger/Stieme 2014 im Druck; 2014 im Druck a). Vom 2011 untersuchten Gelände des im nördlichen Teil der Altstadt gelegenen Arsenalplatzes sind knapp 2300 Lettern bekannt, die im Wesentlichen aus nur zwei Abfallgruben stammen (Berger/Rode in Vorber.).
Die beiden hier vorzustellenden, zahlenmäßig dagegen eher bescheidenen Letternfunde vom Gelände des ehemaligen Franziskanerklosters übertreffen die Massenfunde an Bedeutung noch einmal beträchtlich, zumal nicht nur eine Zuordnung zu einer sehr früh und erfolgreich produzierenden Wittenberger Offizin möglich erscheint, sondern gleichzeitig auch bislang einmalige Notentypen gefunden wurden. Im Folgenden sollen zunächst die Fundstelle und die Fundumstände beleuchtet werden, bevor die Lettern selbst, insbesondere hinsichtlich ihrer Typometrie, Typografie und Metallurgie, behandelt werden. Aus den aufgefundenen Typen ergibt sich schließlich die Frage nach der historischen Zuweisung des archäologisch geborgenen Materials, zu deren Klärung alle verfügbaren Informationen zusammengetragen werden. Den Abschluss der Arbeit bilden musiktheoretische Betrachtungen sowie einige Bemerkungen zur Musikgeschichte der Reformationszeit, die gerade durch das Wittenberger Themenjahr 2012 »Reformation und Musik« (Abb. 2) im Vorfeld des 500. Reformationsjubiläums 2017 und eine musikgeschichtliche Ausstellung 2012 in den Franckeschen Stiftungen in Halle (Saale) besondere Aktualität besitzen."
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Die beiden hier vorzustellenden, zahlenmäßig dagegen eher bescheidenen Letternfunde vom Gelände des ehemaligen Franziskanerklosters übertreffen die Massenfunde an Bedeutung noch einmal beträchtlich, zumal nicht nur eine Zuordnung zu einer sehr früh und erfolgreich produzierenden Wittenberger Offizin möglich erscheint, sondern gleichzeitig auch bislang einmalige Notentypen gefunden wurden. Im Folgenden sollen zunächst die Fundstelle und die Fundumstände beleuchtet werden, bevor die Lettern selbst, insbesondere hinsichtlich ihrer Typometrie, Typografie und Metallurgie, behandelt werden. Aus den aufgefundenen Typen ergibt sich schließlich die Frage nach der historischen Zuweisung des archäologisch geborgenen Materials, zu deren Klärung alle verfügbaren Informationen zusammengetragen werden. Den Abschluss der Arbeit bilden musiktheoretische Betrachtungen sowie einige Bemerkungen zur Musikgeschichte der Reformationszeit, die gerade durch das Wittenberger Themenjahr 2012 »Reformation und Musik« (Abb. 2) im Vorfeld des 500. Reformationsjubiläums 2017 und eine musikgeschichtliche Ausstellung 2012 in den Franckeschen Stiftungen in Halle (Saale) besondere Aktualität besitzen."
Die beiden hier vorzustellenden, zahlenmäßig dagegen eher bescheidenen Letternfunde vom Gelände des ehemaligen Franziskanerklosters übertreffen die Massenfunde an Bedeutung noch einmal beträchtlich, zumal nicht nur eine Zuordnung zu einer sehr früh und erfolgreich produzierenden Wittenberger Offizin möglich erscheint, sondern gleichzeitig auch bislang einmalige Notentypen gefunden wurden. Im Folgenden sollen zunächst die Fundstelle und die Fundumstände beleuchtet werden, bevor die Lettern selbst, insbesondere hinsichtlich ihrer Typometrie, Typografie und Metallurgie, behandelt werden. Aus den aufgefundenen Typen ergibt sich schließlich die Frage nach der historischen Zuweisung des archäologisch geborgenen Materials, zu deren Klärung alle verfügbaren Informationen zusammengetragen werden. Den Abschluss der Arbeit bilden musiktheoretische Betrachtungen sowie einige Bemerkungen zur Musikgeschichte der Reformationszeit, die gerade durch das Wittenberger Themenjahr 2012 »Reformation und Musik« (Abb. 2) im Vorfeld des 500. Reformationsjubiläums 2017 und eine musikgeschichtliche Ausstellung 2012 in den Franckeschen Stiftungen in Halle (Saale) besondere Aktualität besitzen."