Ignatiusbriefe

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Ignatius, auf einer orthodoxen Ikone dargestellt

Von Ignatius von Antiochien, dem zweiten Bischof von Antiochien, sind sieben heute als echt anerkannte Briefe überliefert, die gemeinhin als Ignatiusbriefe bezeichnet und zusammengefasst werden.

Adressaten der Briefe sind die Kirchen in Ephesus, Magnesia (Brief des Ignatius an die Magnesier), Tralleis, Rom, Philadelphia und Smyrna sowie Bischof Polykarp von Smyrna. Mit Ausnahme Roms befinden sich alle genannten Orte in Kleinasien.

Die Ignatiusbriefe galten früher als die wichtigste Quelle für das Christentum im Beginn des 2. Jahrhunderts, einer Zeit, die ärmer an schriftlichen Quellen zum Christentum ist als jede andere nachchristliche Periode. Sie übten einen bedeutenden Einfluss auf die danach entstehende Theologie aus. Heute wird diese Frühdatierung nur noch selten vertreten.

Entstehung

Nach allgemeiner Einschätzung entstanden die Briefe, als Ignatius nach seiner Verhaftung in Antiochien zur Hinrichtung nach Rom gebracht wurde. Traditionell wird dieses Ereignis auf das erste Jahrzehnt des 2. Jahrhunderts (107-110) datiert, nach neueren Forschungen erst in die zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts. Kettensätze sowie eine teilweise unsystematische Gedankenführung sprechen ebenfalls für eine Anfertigung in großer Eile und ohne vorhergehende Planung. Die ersten vier Briefe verfasste Ignatius in Smyrna, die drei anderen Briefe in Troas.

Inhalt

Die Ignatiusbriefe zeugen von Ignatius' Begegnungen mit Christen, die ihn auf seinem Leidensweg aufsuchen und ihn unterstützen. Ignatius selbst schreibt in Dankbarkeit den Gemeinden, deren Mitglieder er lobend erwähnt. Seine Briefe sind weitgehend eine Ermutigung zum christlichen Leben und eine Aufforderung zum Festhalten an der christlichen Lehre.

Neben diesen allgemeinen Aussagen finden sich in den Briefen auch Anklänge an das theologische Verständnis des Ignatius und die kirchlich relevanten Fragen seiner Zeit.

Gegen Häresien

Ignatius warnt in den Briefen die christlichen Gemeinden vor judaisierenden Tendenzen („Es ist ungeheuerlich, von Jesus Christus zu reden und den Judaismus zu praktizieren“) und Doketismus. Im Brief an die Magnesier (Abs. 9) erwähnt er in diesem Zusammenhang, dass der Sonntag den Sabbat als christlichen Feiertag abgelöst habe.

Gemeindestruktur

Die Ignatiusbriefe waren in der wachsenden Kirche angesehen, da Ignatius dem Bischofsamt eine bedeutende Rolle zusprach. Er forderte von den Gemeindemitgliedern Loyalität zum Bischof, der sich wiederum auf Presbyter und Diakone stütze. Frühere Schriften, z.B. die Paulusbriefe, kannten entweder Bischöfe und Diakone oder Presbyter, aber keine Hierarchie; auch war die Anzahl der Amtsinhaber in einer Gemeinde nicht klar. Ignatius beschreibt erstmals eine (vielleicht idealisierte) Gemeindestruktur, die den späteren kirchlichen Gebräuchen entspricht.

Aus ebendiesem Grund wurden die Briefe nach der Reformation von den protestantischen Kirchen abgelehnt. Teilweise wurden im 19. Jahrhundert alle Ignatiusbriefe (zusammen mit den später entstandenen Fälschungen) als unecht angesehen. Heute gelten die kurzen Versionen der sieben Ignatiusbriefe allgemein als authentisch.

Eucharistiefeier

Die Eucharistie ist für Ignatius ein zentrales Element des Christseins. Er spricht in diesem Zusammenhang vom „Heilmittel zur Unsterblichkeit“ (Brief an die Epheser).

Märtyrertod

Ignatius drückt in seinen Briefen einen starken, den heutigen Leser möglicherweise eher befremdenden Wunsch aus, als Märtyrer gewaltsam zu sterben, was er teilweise in drastischen Bildern ausmalt. Er sieht den Märtyrertod als das ultimative christliche Glaubenszeugnis.

Pseudo-Ignatiusbriefe

Von den sieben echten Briefen existieren unechte längere Versionen, die auf das späte 2. Jahrhundert oder danach datiert werden. Daneben gibt es noch 13 unechte Ignatiusbriefe, die alle vermutlich im späten 4. Jahrhundert entstanden sind und während der damaligen christologischen Auseinandersetzungen bestimmte Positionen unter die Autorität des Ignatius stellen sollten. Diese späten Schriften stellen heute eine wichtige Quelle zur innerkirchlichen Auseinandersetzung ihrer Zeit dar.

Quellen und Ausgaben

Die Briefe sind in dem Florentiner Codex Mediceo Laurentianus enthalten, allerdings ohne den Brief an die Römer. Daneben existieren eine lateinische Übersetzung und syrische Fragmente.

Deutsche Übersetzungen der Briefe bieten:

  • Die Apostolischen Väter. Aus dem Griechischen übersetzt von Franz Zeller. Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 35, München 1918 [nicht mehr zitierfähig]; Online-Ausgabe.
  • Die sieben Ignatiusbriefe, in: Die Apostolischen Väter. Eingeleitet, herausgegeben, übertragen und erläutert von Joseph A. Fischer, Darmstadt 1956, S. 109 - 225 (Schriften des Urchristentums 1).
  • Die Briefe des Ignatius von Antiochien, in: Die Apostolischen Väter. Griechisch-deutsche Parallelausgabe auf der Grundlage der Ausgaben von Franz-Xaver Funk/Karl Bihlmeyer und Molly Whittaker mit Übersetzungen von M. Dibelius und D.-A. Koch neu übersetzt und herausgegeben von Andreas Lindemann und Henning Paulsen, Tübingen 1992, S. 176 - 241, ISBN 3161458877.